Der BFH hat mit Urteil vom 20.06.2012 - IX R 67/10 (BStBl 2013 II S. 275) zum Abzug von Schuldzinsen, die nach der Veräußerung des vermieteten Objekts angefallen sind, Folgendes entschieden:
„Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, können auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.“
Der BFH ist mit diesem Urteil von seiner bisherigen langjährigen Rechtsprechung abgerückt.
Voraussetzung ist allerdings, dass der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten abzulösen. Wird der Veräußerungserlös nicht zur Ablösung der Verbindlichkeiten verwendet, scheidet der Abzug von Schuldzinsen insoweit aus, als der Veräußerungserlös zweckentfremdet verwendet wurde.
Hinweis:
Schuldzinsen, die in Zusammenhang mit der Finanzierung von sofort abzugsfähigen Werbungskosten angefallen sind, konnten auch schon bisher nach Veräußerung als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, weil der einmal begründete Veranlassungszusammenhang während der gesamten Laufzeit der Verbindlichkeit bestehen bleibt.
Das Bundesfinanzministerium hat zur Anwendung des Urteils am 28.03.2013 ein BMF-Schreiben herausgegeben (BStBl 2013 I S. 508). Hiernach ist das Urteil grundsätzlich auf alle vergleichbaren Fälle anzuwenden.
Im Entscheidungsfall handelte es sich um einen Verkauf innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG. Der BMF hat daher in seinem Schreiben vom 28.03.2013 Folgendes festgelegt:
„Voraussetzung für den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist, dass die nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbare Immobilienveräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt ist, der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen, und die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen (vgl. BMF-Schreiben vom 08.10.2004, BStBl 2004 I S. 933) weggefallen ist.
Der Werbungskostenabzug ist ebenfalls in den Fällen einer nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG nicht steuerbaren Immobilienveräußerung außerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist zu versagen.“
Zwischenzeitlich haben zwei Finanzgerichte über Fälle entschieden, bei denen der Verkauf nach Ablauf der zehnjährigen Frist erfolgt ist und bei denen jeweils der Veräußerungserlös nicht ausreichte um die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten zu tilgen (u. a. sogenannte „Schrottimmobilien“): FG Niedersachsen; Urteil vom 30.08.2013; Az.: 11 K 31/13: Nachträglicher Schuldzinsenabzug möglich / Revision IX R 45/13 FG Düsseldorf; Urteil vom 11.09.2013; Az.: 7 K 545/13 E: Nachträglicher Schuldzinsenabzug nicht möglich / Revision IX R 42/13